Diuretika
Bei Diuretika handelt es sich um Medikamente, die zu einer erhöhten Harnausscheidung über die Nieren führen. Sie werden überwiegend zur Hypertoniebehandlung und Ödemausschwemmung (z.B. bei vorliegender Herzinsuffizienz) eingesetzt.
Die erhöhte Ausscheidung von Wasser wird hauptsächlich durch eine vermehrte Ausscheidung von körpereigenen Salzen, insbesondere NaCl, erzielt (hier spricht man von einer „saluretischen Wirkung“). Dies hat logischerweise zur Folge, dass jede Therapiemaßnahme mit Diuretika einen Eingriff in den Wasser- & Elektrolythaushalt darstellt.
Diuretika können anhand ihres Wirkortes in drei verschiedene Gruppen eingeteilt werden:
- Schleifendiuretika
- Kaliumsparende Diuretika
- Thiazide & thiazid-analoge Verbindungen
Schleifendiuretika
INN
(Internationaler Freiname) Handelsname Besonderheiten
Furosemid Lasix Long® - Einnahme bevorzugt Morgens
- Mittellang wirksam (<24 Std)
Torasemid Torem®, Unat® - Einnahme bevorzugt Morgens
- Mittellang wirksam (<24 Std)
Furosemid Lasix®, Fusid® - Einnahme Morgens
- Kurze Wirkdauer (< 6 Std.)
Piretanid Arelix® - Einnahme Morgens
- Kurze Wirkdauer (< 6 Std.)
(Internationaler Freiname)
- Mittellang wirksam (<24 Std)
- Mittellang wirksam (<24 Std)
- Kurze Wirkdauer (< 6 Std.)
- Kurze Wirkdauer (< 6 Std.)
Schleifendiuretika fördern die Natrium-, Kalium- und Chloridausscheidung (saluretische Wirkung) im Bereich der Henle Schleife. Im Vergleich zu den Thiaziden ist die Ausscheidung von Calciumionen erhöht.
Für die Schleifendiuretika ist charakteristisch, dass sie eine rasch einsetzende und besonders intensive Wirkung haben. Diese Wirkung hält allerdings auch nur für wenige Stunden an (z.B. Furosemid < 6 Std.). Die Wirkung der Schleifendiuretika nimmt bei Erhöhung der Dosis stets in gleichem Maße zu, anders als beispielsweise bei den Thiaziden. Sie werden auch als „high ceiling“-Diuretika bezeichnet.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen der Schleifendiuretika sind:
- Störungen des Wasser- & Elektrolythaushaltes -> Verlust von Kalium und Magnesium. Aufgrund der Hypokaliämie kann es zu Schwäche, Müdigkeit & gastrointestinalen Beschwerden kommen
- Orthostatischer Schwindel -> Infolge einer Hypotonie. Es besteht einer erhöhte Sturzgefahr!
- Niereninsuffizienz
- Verstärkte Thromboseneigung -> Grund: Bei zu starker Ödemausschwemmung kann die Blutviskosität erhöht werden
Kaliumsparende Diuretika
Die kaliumsparenden Diuretika unterscheiden sich von den anderen beiden Gruppen anhand ihres Wirkortes (spätdistaler Tubulus). Zudem schwemmen sie Natriumionen aus, verringern jedoch gleichzeitig die Ausscheidung von Kalium.
Man unterscheidet zwischen:
- Aldosteronantatgonisten (verminderte Wirkung des Mineralcoticoids Aldosteron)
- Cyclische Amidin-Derivate
Aufgrund der relativ geringen Natriumausscheidung ist auch die diuretische Wirkung relativ gering, weshalb sie nur eine geringe therapeutische Breite haben (außer Aldosteronantagonisten).
Aufgrund der kaliumsparenden Eigenschaften dieser Diuretika, kommen sie häufig als Kombinationspartner mit anderen Diuretika zum Einsatz (Schleifendiuretika & Thiazide). Die Aldosteronantagonisten kommen in den letzten Jahren vermehrt bei der Behandlung von Herzinsuffzienz zum Einsatz.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen der kaliumsparenden Diuretika sind:
INN (Internationaler Freiname) Handelsname Besonderheiten
Eplerenon Inspra® - Einnahme: Bevorzugt Morgens
- Aldosteronantagonist
Spironolacton Aldactone®, Osyrol® - Einnahme: Bevorzugt Morgens
- Aldosteronantagonist
Kaliumcanrenoat Aldactone® Amp - i.v. Anwendung
- Aldosteronantagonist
Amilorid In Amiloretik® - Einnahme: Bevorzugt Morgens
- Cyclisches Amidin-Derivat
Triamteren in Neotri® - Einnahme: Bevorzugt Morgens
- Cyclisches
- Aldosteronantagonist
- Aldosteronantagonist
- Aldosteronantagonist
- Cyclisches Amidin-Derivat
- Cyclisches
- Störungen des Wasser- & Elektrolythaushaltes -> aufgrund des erhöhten Kaliumspiegels kann es zu Herzrhytmusstörungen kommen
- Niereninsuffizienz
- Spironolacton: Dieses bindet an Sexualhormonrezeptoren und kann unerwünschte hormonale Wirkungen hervorrufen, z.B. antiandrogene Wirkungen
Thiazide
INN (Internationaler Freiname) Handelsname Besonderheiten
Xipamid Aquaphor® - Einnahme bevorzugt Morgens
- Mittellang wirksam (< 24 Std.)
Hydrochlorothiazid Esidrix® - Einnahme bevorzugt Morgens
- Mittellang wirksam (< 24 Std.)
Chlortalidon Hygroton® - Lange Wirkdauer ( > 24 Std.)
Indapamid Natrilix® - Lange Wirkdauer ( > 24 Std.)
- Mittellang wirksam (< 24 Std.)
- Mittellang wirksam (< 24 Std.)
Thiazide und Thiazid-analoge Verbindungen fördern die Natrium-, Kalium- und Chloridausscheidung (saluretische Wirkung) im Bereich des frühdistalen Tubulus. Infolge der Salzausschwemmung kommt es zu einem erhöhten Harnfluss.
Im Rahmen einer Dauertherapie antwortet der Körper mit einer Gegenregulation. Die Folge ist, dass die saluretische Wirkung nachlassen kann („Escape Phänomen“). Hierbei ist wichtig zu wissen, dass die blutdrucksenkende Wirkung nicht vermindert wird, sondern weiterhin fortbestehen bleibt!
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen der Thiazide sind:
- Störungen des Wasser- & Elektrolythaushaltes -> Verlust von Kalium und Magnesium. Aufgrund der Hypokaliämie kann es zu Schwäche, Müdigkeit & gastrointestinalen Beschwerden kommen
- Orthostatischer Schwindel -> Infolge einer Hypotonie. Es besteht einer erhöhte Sturzgefahr!
- Niereninsuffizienz
- Verstärkte Thromboseneigung -> Grund: Bei zu starker Ödemausschwemmung kann die Blutviskosität erhöht werden
Indikationen für eine Diuretikatherapie
Diuretika finden bei folgenden Erkrankungen Anwendung:
- Akute Ödeme (Lungen-, Hirnödem)
- Chronische Ödeme (renalen, kardialen, hepatogenen Ursprungs)
- Hypertonie
- Herzinsuffizienz
Sofern der Betroffene an einer Niereninsuffizienz leidet, können Diuretika die Ausscheidung von harnpflichtigen Substanzen nicht verbessern.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Sofern es aufgrund der Einnahme von Thiaziden oder Schleifendiuretika zu einem Kaliummangel kommt, wird die Wirkung von Herzglykosiden verstärkt. Häufig werden Diuretika und Herzglykoside gleichzeitig eingesetzt, um eine bestehende Herzinsuffizienz zu behandeln. Daher sollten regelmäßige Kontrollen des Serum-Kaliumspiegels erfolgen, um dieser potentiellen Wirkverstärkung entgegenzuwirken.
Eine kaliumreiche Ernährung (z.B. Bananen, Spinat, Bohnen oder Aprikosen) oder Kaliumpräparate können einen Kaliummangel ausgleichen. Sofern allerdings kaliumsparende Diuretika angewandt werden, kann es wiederum zu einer Erhöhung des Kaliumspiegels kommen.
Zudem konnten in der Vergangenheit Interaktionen mit Nicht-Opioidanalgetika (z.B. Ibuprofen), Glucocorticoiden, Laxanzien und Aminoglykosid-Antibiotika beobachtet werden.
- Nicht-Opioidanalgetika: Es wurde eine verminderte Wirkung aller Diuretika beobachtet. Außerdem kam es bei der Kombination mit kaliumsparenden Diuretika oft zu einer Hyperkaliämie)
- Aminoglykosid-Antibiotika: Erhöhung der Nephrotoxizität (die Eigenschaft einer Substanz, schädigend auf die Nieren zu wirken)
- Glucocorticoiden: Gefahr der Hypokaliämie

- Laxanzien : Gefahr der Hypokaliämie als Folge der erhöhten Ausscheidung von Mineralien (in diesem Falle Kalium)
Besondere Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit Diuretika!
Wenn die betroffene Person an Gicht leidet, können sämtliche Diuretika einen akuten Gichtschub auslösen! Grund hierfür ist die Hemmung der Harnsäureausscheidung.
Außerdem können sie den Fettstoffwechsel beeinflussen und einen latenten Diabetes (eine Sonderform des Diabetes mellitus, die dem Typ-1-Diabetes zuzuordnen ist) manifest werden lassen. Die Gefahr der Manifestation des latenten Diabetes beruht auf einer Senkung der Glukosetoleranz durch die Einnahme der Diuretika.
Informationen zum Wasser- & Elektrolythaushalt
Der Wasser- & Elektrolythaushalt wird zentral im Hypothalamus, einem Abschnitt des Zwischenhirns, gesteuert. Der Hypothalamus registriert, wenn sich die Elektrolytkonzentration verändert. Anschließend wird mittels gesteigerter oder reduzierter Hormonfreisetzung die Wasserausscheidung über die Nieren gesteuert. Gleichzeitig wird auch das Durstgefühl des Menschen beeinflusst.
Das Gleichgewicht des Wasser- & Elektrolythaushaltes im Körper kann durch unterschiedliche Ursachen gestört werden. So kann ein Ungleichgewicht beispielsweise aufgrund von Diarrhoe, Erbrechen, Blutverlust, Verbrennungen, chronischen Nierenerkrankungen oder bei der Therapie mit anderen Arzneistoffen entstehen. Damit der Körper das extrazelluläre (Gewebeanteil (vor allem im Bindegewebe), der zwischen den Zellen im sogenannten Interzellularraum liegt) aufrechterhalten kann, können Elektrolytlösungen (Infusionen) verabreicht werden. In manchen Fällen, z.B. bei akuten und großen Blutverlusten, kommen auch sogenannte Plasmaersatzprodukte zum Einsatz.